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Sembo 720900 - Allrad LKW (Unimog U400) - Review

September 21, 2022 - Lesezeit: 16 Minuten

Hallo zusammen,

es wird Zeit für das nächste Review. Dieses mal soll es wieder ein Set von Sembo sein. Da Sembo für eine durchweg gute Teilequalität bekannt ist und meiner Meinung nach kein Klemmbausteinhaushalt ohne einen vernünftigen Unimog auskommt, war das Ding eigentlich ein No-Brainer. Ob ich den Kauf im Nachhinein nicht vielleicht doch bereue, erfahrt ihr nach dem Break!

Es gibt wenige Nutzfahrzeuge, die einen ähnlich legendären Ruf genießen, wie das Universal-Motor-Gerät oder kurz: Unimog. Dieses Fahrzeug wird (natürlich unter stetiger Weiterentwicklung und Anpassung an moderne Nutzfahrzeugtechnik) bereits seit 1949 gebaut. Seit dieser Zeit ist der Name "Unimog" ein Synonym für Vielseitigkeit und hohe Geländegängigkeit.

Der dänische Marktführer hat diesem Fahrzeug mittlerweile zwei Sets gewidmet. Bereits 1981 erschien das Set 8848 Power Truck, das mangels Lizenz noch nicht den Namen "Unimog" tragen durfte, aber dem Original deutlich erkennbar nachempfunden ist. Diesem folgte 2011 das LEGO Technic Set 8110 - Unimog U400. Dieses steht dem Ruf des Originals in nichts nach. Hier gab es tollen Bauspaß und gefühlt unendlich viele motorgesteuerte Funktionen. Beide Sets sind nur noch gegen die Zahlung von Monatsmieten in neuwertigem Zustand zu bekommen.

Schön also, dass sich nun auch andere Hersteller dazu aufraffen, ähnliche Sets (wenn auch wieder ohne Lizenz) zu einem wesentlich günstigeren Tarif in die Regale zu bringen. So wirbt Sembo bei diesem Set nicht mit dem Namen, aber die Formgebung sagt wohl bereits genug aus. Für um die 70 EUR für die motorisierte Variante bzw. 40 EUR für die Version ohne Motor, ist dieses Set deutlich Geldbeutel-freundlicher zu erstehen. Ich hatte Glück und konnte bei einem (leider mittlerweile abgelaufenen) Deal bei AliExpress zuschlagen und habe für die nicht-motorisierte Variante günstige 35 EUR gezahlt.

Für diese Preisansage bekommt man 910 Teile (leider gefühlt auch mindestens ebenso viele Sticker) und (sofern man privat importiert) auch zwei Minifiguren.

Sembo empfiehlt das Set ab sechs Jahren. Das finde ich etwas niedrig angesetzt. Zum Spielen ist die Altersangabe OK, aber für den Aufbau benötigt man bereits etwas mehr Geduld und vielleicht auch bereits Übung mit kleineren Technic-Sets. Warum ich das Set dennoch grundsätzlich nicht für kleine Kinder empfehlen würde, erfahrt ihr weiter unten.

Nun wollen wir aber mal sehen, was das Set so taugt.

Die Verpackung

Wie so oft bei einer Bestellung aus Fernost, wird auch in der Regel hier der Pappkarton wegrationalisiert. Man erhält das Set in einer platzsparend und eng gewickelten Luftpolster-Tasche.

Formschön ist natürlich anders. Manchmal will man ein Klemmbaustein-Set auch mal verschenken und dann ist eine plumpe Luftpolster-Tasche wenig attraktiv. Da ich das Set in diesem Fall allerdings für mich und dieses Review gekauft habe, ist es mir schnurz. Anders als bei dänischen Sets bringt der Umkarton keinen Sammelspaß. Allerdings würde ich mir bei meinen Bestellungen aus Fernost wünschen, dass mir die Wahl gelassen wird, ob ich den Mehrpreis für den Versand des größeren Kartons zahlen möchte.

Der Inhalt besteht aus insgesamt vier Bauabschnittstüten, zwei (!) Stickerbögen und der obligatorischen Aufbauanleitung.

Der Aufbau

Die Aufbauanleitung ist sembotypisch mehr als gut zu gebrauchen. Nahezu alles, womit uns der dänische Marktführer in der Vergangenheit so verwöhnt hat, finden wir auch hier.

Teilelisten pro Bauschritt, Anlegehilfen, Hervorhebungen von verbauten Teilen. Es ist alles da, was das Bauen einfach macht. An dieser Front gibt es also absolut nichts zu meckern.

Genau so sembotypisch sind allerdings auch die Vielzahl an Sticker in ihren Modellen. Ganze 64 Stück müssen für dieses Set angebracht werden.

Die Sticker sind dabei nicht ganz so einfach anzubringen. Entgegen dem Marktführer sind die meisten Sticker bis auf den Millimeter passgenau und verzeihen keinen Fehler. Wenn man diese Sticker nicht auf Anhieb richtig platziert, hat man nur wenige Möglichkeiten, das im Nachgang zu korrigieren. Hätte ich sie nicht unbedingt anbringen wollen, um euch das Set mitsamt der vollständigen Stickerpracht zu zeigen, hätte ich sie wahrscheinlich einfach weggelassen. Der Funktion des Modells würde das keinen Abbruch tun.

Wie bei vielen Bausteinsets aus Fernost müssen auch hier die Minifiguren erst komplett zusammengesetzt werden. Die Arme sind nicht vormontiert. Zuerst werden die Hände in die Arme gedrückt. Danach können die Arme in die dafür vorgesehenen Schultergelenke eingesetzt werden.

Die Schultergelenke ermöglichen den Figuren zusätzliche Bewegungsfreiheit. So können die Arme wie in den Fotos unten ausgestreckt werden.

Die Figuren überzeugen durch schöne Drucke auf Vorder- und Rückseite und sind optimal bespielbar. Allerdings wollen die Figuren so gar nicht zum Maßstab des Fahrzeugs passen. Zumindest nicht, wenn es sich nicht um einen inklusiven Arbeitstrupp mit kleinwüchsigen Forstarbeitern handelt.

Im Set lassen sich auch einige Teile finden, die ich so aus dem dänischen Teilebestand noch nicht kannte. So sind zum Beispiel Kreuzachsen-Pins mit nur einer halben Noppenlänge für die Kreuzachse enthalten.

Und auch die silbernen Hydraulik-Druckspeicher sind mir neu. Falls ihr ein ähnliches Teil bereits woanders bemerkt habt, lasst es mich gerne auf Social Media wissen.

Bauschritt 1

Im ersten Bauabschnitt wird (man möge es kaum glauben) das Chassis zusammen mit der Lenkung aufgebaut.

Ich habe die nicht-motorisierte Variante des Sets gewählt. Interessant dabei: der Motor und der Servo werden in dieser Variante nicht etwa komplett weggelassen, sondern durch aus Technic-Elementen gebaute Dummies ersetzt. 

Solltet ihr also die nicht-motorisierte Variante aufbauen, müsst ihr einige zusätzliche Bauschritte in der Anleitung durchlaufen. Das Zusammen- und Einbauen der Dummies empfand ich persönlich als etwas fummelige Angelegenheit, weil die Dummies nicht ganz so auf Stabilität getrimmt sind. Hier braucht es etwas Geduld, oder im Falle jüngerer Baumeister*Innen vielleicht auch die Unterstützung eines Erwachsenen.

Bauschritt 2

Im nächsten Abschnitt nimmt die Fahrerkabine allmählich Formen an. Bis dahin gibt's keine Auffälligkeiten, egal in welche Richtung.

Die Klemmkraft ist auf sembotypisch hohem Niveau. Ich habe an keinem Punkt die Befürchtung, dass später etwas nicht halten könnte. Also lasst uns gleich mit dem nächsten Bauschritt loslegen.

Bauschritt 3

Was Klemmkraft und Aufbau angeht, verläuft auch dieser Bauschritt insgesamt unspektakulär. Von Stickern bleiben wir bis zu diesem Bauschritt noch weitestgehend verschont.

Die Fahrerkabine mit Seilwinde haben wir in diesem Schritt bereits fertiggestellt. Und auch der Aufbau eines Großteils der Ladefläche ist bereits abgeschlossen.  

Aber auf meine erste Freude auf die silbernen Panels folgt ziemliche Ernüchterung, als ich auf meine Finger schaue. Die Teile sind nicht etwa mit silberfarbigen Kunststoff gegossen, sondern wurden nachträglich lackiert. Und eben dieser Lack findet sich in nicht geringer Menge an meinen Fingern wieder.

Hier muss ich leider sagen: Sembo, Produktsicherheit sieht anders aus. Ich mag mir nicht ausmalen, welchen Chemiecocktail ein sechsjähriges Kind in sich aufnimmt, wenn der Lack vom Spielen mit diesem Set ohne gewaschene Hände in den Mund des Kindes gerät.

Ich habe keine Ahnung, welche Art Lack hier verwendet wird. Aber solange hier keine Unbedenklichkeitserklärung oder Nachweis über die Lebensmittelechtheit des Lacks seitens Sembo vorliegt, würde ich als Elternteil von der Weitergabe an jüngere Kinder definitiv absehen. 

Fazit

Nach dem vierten Bauabschnitt präsentiert sich der Allrad-LKW in voller Pracht auf dem Bautisch.

Optisch macht der kleine, wie ich finde, ordentlich was her. Und auch die Funktionen kommen hier nicht zu kurz. 

Genau so verhält es sich mit den ausfahrbaren Stützen. Auch dieser Mechanismus funktioniert ausgezeichnet.

Die Türen des Fahrerhauses lassen sich zu beiden Seiten öffnen und gewähren einen kleinen Einblick in den ansonsten leider recht schmucklos gestalteten Innenraum. Die Lenkrad dient allerdings nur Dekozwecken und hat ansonsten keine Funktion.

Leider hat Sembo bei der nicht-motorisierten Variante keine alternative Hand-Of-God-Lenkung als Ersatz für den fehlenden Servo vorgesehen. Die Räder lassen sich also nur durch direkten Druck auf die Reifen einschlagen.

Die Funktionen des Krans lassen sich grundsätzlich nur manuell betätigen. Hier ist keine Motorisierung vorgesehen.

Das Entladen von Fracht ist über die seitlich kippbare Ladefläche und die leicht zu öffnenden Bordwände möglich.

Die Hinterachse ist pendelnd aufgehängt und garantiert zumindest am hinteren Fahrzeugende volle Geländegängigkeit.. An der Vorderachse funktioniert das aufgrund des Lenkmechanismus nicht. Jammern auf hohem Niveau und so.

So weit so gut. Bei diesem Set handelt es sich wieder aus meiner Sicht um ein "Viel-Licht-Viel-Schatten"-Ding. Die Klemmkraft ist super. Der Bauspaß ist für etwas erfahrenere Klemmer definitiv gegeben. Die für ein Set in dieser Preisklasse umfangreichen Funktionen sind toll und alles klappt, wie vorgesehen.

Die vielen und aus meiner Sicht großteils recht unnötigen Sticker, benötigen allerdings eine ruhige Hand. Ich glaube, dass es einige Klemmer geben wird, welche die Stickerbögen gar nicht erst auf den Bautisch, sondern eher in den Papierkorb packen.

Die Minifiguren haben eine ordentliche Qualität, schöne Drucke, lassen sich super bespielen und sind durch die Schultergelenke vielseitiger einsetzbar als ihre dänischen Vorbilder. Allerdings passt der Maßstab zum Fahrzeug nicht. Hätte man sich also schenken können.

Was allerdings nicht nur im Kinderzimmer aus meiner höchstpersönlichen Sicht so gar nicht geht, ist der sich all zu leicht lösende silberne Lack. Ja, ich finde glänzende Metallic- und Chromteile absolut toll. Wenn aber für mein Gefühl die Produktsicherheit nicht gegeben ist, weil man ständig beim Anfassen diese Silberpampe an den Flossen hat, dann verzichte ich lieber. Sollen die Kids vor dem Spielen mit ihren Klemmbausteinen Gummihandschuhe überstrippen, aus Angst, sich ansonsten irgendeinen Chemiecocktail rein zu ziehen? No go, Sembo. Böses Foul.

Warum sich hier keine Qualitätskontrolle bei Sembo gedacht hat: "Leute, das können wir so nicht lassen, lass das mal lieber in Light Grey machen, bis wir das Lackieren ordentlich im Griff haben", ist mir ein absolutes Rätsel.

Das ist echt schade, weil ich das Set in der Summe eigentlich ganz gelungen finde. Sembo, ich will euch gerne richtig gut finden. Aber dann feilt doch bitte auch an den Details.